Wie sich die Geschichte immer wieder wiederholt
Veröffentlicht von Lutz Sehmisch in Sozial- und Friedenspolitik · Montag 14 Mär 2022
Tags: Gürtel, enger, schnallen
Tags: Gürtel, enger, schnallen
„Wenn sie kein Brot haben, dann sollen sie doch Kuchen essen!“
Wie sich die Geschichte doch immer wieder wiederholt
Was
ist los mit denen „da oben“? Drehen sie völlig am Rad? Und was ist los mit uns
„hier unten“? Wir, die das Drehen am Rad mitmachen oder zu wenig aufstehen,
erkennen nicht was Fakt ist? Die Volksvertreter, Repräsentanten, die das Ruder
in der Hand halten, vertreten die vielen Menschen, Volk genannt, nicht mehr.
Sie vertreten anderer Leute Interessen. Mächtige. Verbal wird gerade wiedermal
aufgerüstet, dass man nur noch sprachlos ist. Baerbock, Lindner, Gauck, die
Liste lässt sich lange fortsetzen – ihre Wortmeldungen formulieren sie alles
andere als das Volk vertretend. Deren Sätze sollten uns alle vielmehr darauf
einstimmen, dass wir den Gürtel mehr als enger schnallen müssen. Eins
verschweigen die Herrschaften indes: sie selbst müssen den Gürtel nicht enger
schnallen.
Und
nebenbei: Warum muss es überhaupt ein Gürtel-enger-Schnallen geben? Warum
sollen wir uns hier und anderswo vom prallen Leben abwenden? Wir hätten es in
der Hand, uns alle kraftvoll und opulent dem Leben, dem Frieden, dem
Zusammensein zu widmen. Allein, es gibt Menschen, die sich dem in den Weg
stellen, die Baerbocks und …
Ich
kenne keinen Menschen in meinem Umfeld, welcher es Klasse findet, was gerade
Leute in gehobenen Positionen in den letzten Tagen in die Mikrofone gesagt und
in die Schreibblöcke der Journalisten der führenden Massenmedien des Landes
diktiert haben. Drei nur mal so zur Auswahl.
Im
Tagesspiegel (Berlin):
Baerbock
zur Ukraine-Krise: „Deutschland ist „bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis
zu zahlen“.“
Der
Spiegel (Hamburg):
Christian
Lindner sagt: „Wir müssen gemeinsam erkennen, dass es auch unser Beitrag zur
Solidarität mit der Ukraine ist, negative Auswirkungen in Kauf zu nehmen.“
ARD-Sendung
Maischberger (Mainz):
Joachim
Gauck sieht hier auch die deutsche Bevölkerung in der Pflicht, Einbußen hinzunehmen.
„Wir können auch einmal frieren für die Freiheit und wir können auch einmal ein
paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben“,
sagte der frühere Bundespräsident.
Da
geht’s schon los: Wir. Aha, wer „wir“ sagt, meint eigentlich immer „du“ oder
die anderen. Wir ist eine schöne Einheit. Alle in einem Boot. Und ja, wir
können nicht alle agieren, dafür gibt es ja Entscheider. Wir sind also
vertreten von Ministern, hier der Außenministerin, dem Finanzminister, oder vom
ehemaligen Bundespräsidenten mit seinen verbalen Ergüssen. Die machen das
schon. Ihre Mikrofone sind stets offen, Deutungshoheit inklusive. Gut, sie sind
es und sie tun es, sie treten als unsere Vertreter auf und sie stellen sich hin
und reden stets in Wir-Form. Doch da ist schon der Haken: die andere Seite des
„Wir“ spürt: Die Gesamtheit wird nicht vertreten. Der Teil des ganzen Wir, die
einfachen Menschen, so auch die aus meiner persönlichen Umgebung, ich
eingeschlossen, die sagen stets und immer ungeschminkt, offen, ehrlich, was los
ist, weil sie jedes Recht dazu haben und stets und immer und ungeschminkt das
pralle, wahre Leben leben und auszuhalten haben. Sie entgegnen den Ministern
und Würdenträgern: Nein, Ihr Baerbocks, Lindners, Gaucks – Ihr seid nicht Teil
vom Wir, Ihr seid Ihr und drum so abgehoben, dass es schmerzt.
Schlimmer
noch: Ihr könnt genau das sagen, was Ihr so sagt, und es tun. Was passiert,
nutzt Euch und schadet uns. Ihr könnt die Menschen am Nasenring durch die
Manege führen, Ihr könnt ohne Konsequenzen sagen, dass Ihr für alle sprecht,
dass Ihr wisst, was Volkes Seele fühlt. Nein, Ihr wisst es nicht, was Phase
ist. Oder schlimmer: Ihr wisst es. Doch es ist Euch egal. Ihr habt eine enorme
Macht und Ihr wisst um Eure Abgehobenheit, die der Macher, der Entscheider, der
Würdenträger, der Amtsträger, der Leute in der Kategorie „Oben“ in unserer
Gesellschaft. Die vielen Menschen, sie sind für Euch nur eine große
statistische Größe. Hauptsache, jeden Monat ist Euer Honorar, sind Eure Pfründe
gesichert, gehört Ihr dazu.
Der
Amtseid lautet aber, sobald Ihr die Hand hebt, um Euren Job anzutreten, als
Minister, als Präsident:
„Ich
schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen
mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes
wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit
gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.“
Die
Gegenüberstellung zu „…Schaden abwenden…“ lautet bei Euch dann:
Baerbock:
„Deutschland ist „bereit, einen hohen wirtschaftlichen Preis zu zahlen“.“ Lindner:
„…negative Auswirkungen in Kauf zu nehmen.“
Gauck:
„…wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück
und Lebensfreude haben.“
Die
Leute, die für das „Wir“ stehen, sind wütend. Das steht fest. Nach zwei Jahren Pandemie-Katastrophe,
die mit dem gleichen Personal, Euch, mit gleicher Arroganz und Machtherrlichkeit
im Handeln samt all der Maßnahmenorgien geschah und noch immer schwelt, nach
dieser langen Zeit habt Ihr, die Entscheider, weiter die Frechheit, immer weiterzumachen
und nun mit dem neuen Kapitel loszuschlagen: kalter Krieg, mit der Option auf heißen
Krieg, Wirtschaftskrieg. Zum Nutzen für – wenige.
Ja,
es herrscht Krieg, ja, (noch) nicht hier, aber es wird schon so getan als ob,
es wird mobil gemacht mindestens, es wird der Krieg befördert. Die vielen
Kriege der Welt werden wenig besprochen, nicht in Zweifel gezogen, sonst würde
man ja tagtäglich neben der Ukraine vom Jemen, vom Sudan, von Libyen, von
Mexiko, vom Gazastreifen, Syrien/Türkei und so weiter Neues erfahren und dazu
vermeldet bekommen, dass Ihr, unsere Abgeordneten, Minister, Präsidenten usw.
innig und voller Tatendrang so agieren: Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem
Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm
wenden,…“ Also Friedenspläne vorschlagen, Reisen, Zusammenarbeit, Solidarität
und denen Einhalt gebieten, die zündeln, hetzen, kaputtmachen.
So
aber? Es fällt mir Historisches ein. Der Baerbocks, Lindners, Gaucks und
weiteren Persönlichkeiten Worte klingen wie einst im späten Mittelalter. Die
Not ist nicht zu verhehlen und doch…
„Wenn
sie kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen!“ Der Satz wird Marie
Antoinette in den Mund gelegt, der damals 34 Jahre jungen Königin von
Frankreich. Sie feierte
luxuriöse Feste in Versailles, während das Volk in
Paris hungerte. Dieser Gegensatz führte zum Sturm auf die Bastille, zur
Französischen Revolution. Der Satz steht dafür, wie Welten auseinanderfallen,
wenn es genug ist. Die Elite hatte keine Ahnung mehr, wie die Gesellschaft
außerhalb ihrer Schlösser aussah. Das Volk darbte, die Königin lebte im Prunk des
Königshofs. Der Gegensatz war so groß, dass es krachte. Lang ist das her, ja?
Und heute? Die Gefahr schwillt an, Reich und Arm triften weiter auseinander. Parallelgesellschaften
sind zu sehen, hier die einen im Luxus-Ghetto, dort die anderen im sozialen
Brennpunkt-Viertel. Statistik zu bemühen, ist leicht, im Internet kurz gesucht:
„Die britische Hilfsorganisation Oxfam hat vor kurzem ihren Bericht vorgelegt,
wie Reichtum weltweit verteilt ist. Das Ergebnis ist dramatisch: Die 85
reichsten Menschen besitzen so viel wie die arme Hälfte der Welt.“
Was
für die Welt gilt, ist auch hier zu beobachten. Das Handeln dazu von den bisher
genannten Persönlichkeiten steht im Widerspruch zum Amtseid, ist voller
Empörung zu sagen. Dabei wäre es leicht, gut für ein Wir zu agieren. Es
bräuchte nur einen politischen Willen. Beispiel? Den Mindestlohn zu erhöhen,
die Mieten zu senken, den Benzinpreis zu deckeln, dafür fehlt der Wille – also
gibt es das nicht. Die Rüstungsausgaben – sogar aus einem Sondertopf (wo hat
diesen der Herr Scholz nur auf ein Mal her?) – werden angehoben, die Zahl, von
100 Mrd. Euro ist in aller Munde, dafür ist der politische Wille da. Was ist
politischer Wille? Der Wille der Herrschenden.
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