Wem nützt der Krieg in der Ukraine?

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Wem nützt der Krieg in der Ukraine?

Autor und Texter Lutz Sehmisch
Veröffentlicht von Lutz Sehmisch in Gewalt und Krieg · Freitag 13 Mai 2022
Seit langem versuchen die US-Republikaner, Nord Stream 2 zu verhindern. Was die Sanktionen nicht schafften, hat jetzt der Krieg erreicht: Deutschland hat sich gegen die Inbetriebnahme der Pipeline entschieden. Zugleich haben sich die USA neue Abnehmer für ihr – ungleich teureres – LNG gesichert: Deutschland und die EU. Deutschland arbeitet jetzt mit Nachdruck am Bau von LNG-Terminals – mit ihren beträchtlichen Kosten. Die deutsche Industrie stöhnt; auch wegen der durch den Krieg erzwungenen Abwanderung aus Russland.

Ein anderes politisches Ziel, das vor allem Deutschland immer unterwandert hat – das Zwei-Prozent-Ziel zur Höhe der nationalen Rüstungsausgaben, orientiert am Bruttoinlandsprodukt – wird auf einmal nicht mehr infrage gestellt. Deutschland beschließt sogar ein Sondervermögen von hundert Milliarden Euro für die Bundeswehr. Die deutsche Rüstungsindustrie frohlockt; von den US-Rüstungskonzernen ganz zu schweigen. Das viele Geld, das vor allem die USA für die Ukraine lockermachen, dürfte alsbald in die Taschen der US-Rüstungsfirmen zurückfließen.

Auch die NATO profitiert; schon seit langem durch ihre Osterweiterung, begonnen unter dem demokratischen Präsidenten Clinton, den die Republikaner im Wahlkampf 1997 unter Druck gesetzt hatten. 1999 wurden dann Polen, Ungarn und Tschechien in die NATO aufgenommen; gegen erheblichen innenpolitischen Druck: Der einflussreiche Diplomat George F. Kennan nannte das einen „verhängnisvollen Fehler“. Russland wurde damals von Boris Jelzin regiert, mit dem Clinton eine ‚Männerfreundschaft‘ pflegte. Die USA sicherten sogar Jelzins Wiederwahl 1995 mit finanzieller und professioneller Wahlkampfhilfe. Aus diesem Ablauf ergibt sich, dass die NATO-Osterweiterung keinen außenpolitischen Zwängen geschuldet war. Trotzdem wurde sie kontinuierlich fortgesetzt – und jetzt erwägen sogar die traditionell neutralen Staaten Finnland und Schweden einen NATO-Beitritt.

Fast nebenher setzten die USA ein zentrales geopolitisches Ziel durch: Die US-amerikanische Haltung zum Ukraine-Konflikt ist wohl Ausdruck der kritischen Haltung der USA zum Näherrücken Deutschlands und Russlands, das sich in den berühmten Äußerungen von Friedman/ STRATFOR und Baron Ismay äußerte:
„Das primäre Interesse der USA, wofür wir seit einem Jahrhundert die Kriege führen – Erster und Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg – waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann, und unser Interesse war es immer, sicherzustellen, dass das nicht eintritt“ (Friedman).
Ähnlich schon der erste Generalsekretär der NATO, Baron Ismay, die NATO habe den Zweck „to keep the Russians out, the Americans in and the Germans down”.
Und Zbigniew Brzezińskis strategischer Auftrag an die USA, die Ukraine aus dem eurasischen Block zu lösen und dem Westen einzugliedern, wird erreicht,
„weil ihre bloße Existenz als unabhängiger Staat zur Umwandlung beiträgt. Ohne die Ukraine ist Russland kein eurasisches Reich mehr. Es kann trotzdem nach einem imperialen Status streben, würde dann aber ein vorwiegend asiatisches Reich werden…“ (Die einzige Weltmacht, 8. Aufl. 2004, S. 74).
Die USA profitieren auch unter Image-Aspekten: Russland ist der eindeutige völkerrechtswidrige Aggressor. Und die US-Untaten, z.B. im zweiten Golfkrieg Irak/Kuwait (dazu der ehemalige US-Justizminister Ramsey Clark: Wüstensturm, 1993), im Irak-Krieg 2003 etc., treten in den Hintergrund.

Quelle: Nachdenkseiten 13.05.2022


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